Am ersten Freitag im Juni 2015 hat sich mein geliebter Liebling verabschiedet. 13 wunderschöne Jahre habe ich mit Lili verbracht. Sie war eigenwillig und verschmust. Sie war eifersüchtig und besitzergreifend. Sie hat mich im Hof begrüßt, wenn sie mein Auto kommen hörte. Wie eine Verrückte bretterte sie die Katzenleiter runter, hat sich in den Staub geworfen, hin und her gewälzt und mich lautstark empfangen. Für mich hörte es sich immer so an, als sagte sie: „Wo warst du denn so lange? Höchste Zeit, dass du endlich nach Hause kommst!“ Dann stand sie auf, mit Staub und Schmutz in ihrem Fell, und strich um meine Beine. Ihre Freude über mein Erscheinen war nicht zu übersehen, und dann rannte sie in großen Sprüngen auf die Haustür zu und begleitete mich nach oben.
Lili hatte die schönsten Augen der Welt und je nach Lichteinfall leuchteten sie mal grasgrün, mal türkis.
Lili hat mich adoptiert, nicht umgekehrt. Denn sie war die Katze der Nachbarin. Nachdem sie vier Junge auf die Welt gebracht hatte und die drei Monate alt waren, war Lili wohl der Ansicht, sie sollten sich gefälligst ein eigenes Zuhause suchen. Zwei der Jungen wurden vermittelt, die anderen beiden blieben, und das hat Lili überhaupt nicht gefallen. Sie ging nur noch zum Fressen nach Hause. In der restlichen Zeit strich sie in den Gärten herum und nachts schlief sie auf dem Stuhl in meinem Arbeitszimmer. Ich konnte sie vertreiben, so oft ich wollte. Am nächsten Morgen lag sie wieder auf dem Stuhl.
Als meine Nachbarin dann meinte, sie würde sich nach einem Platz für Lili umschauen, denn die käme ja so gut wie überhaupt nicht mehr nach Hause, sagte ich: „Du brauchst keinen Platz zu suchen, Lili hat das schon selbst erledigt.“ Danach kamen wir überein, dass Lili bei mir lebt.
Von diesem Tag an fütterte ich sie, und die kleine pfiffige Katze wusste, dass ihr Plan aufgegangen war. Und ab diesem Zeitpunkt wich sie nicht mehr von meiner Seite. Wo ich war, war Lili. Natürlich machte sie auch kleine Ausflüge in den Hof und den Garten, aber sie war immer in Pfiffnähe. Kaum hörte sie den Ton, kam sie auch schon angerannt.
Saß ich an meinem Schreibtisch, saß sie obendrauf. Oder sie schlief. Vorzugsweise auf meinem Arbeitsmaterial.
Kaum setzte ich mich abends auf Sofa, kam Lili auch schon angetippelt und machte es sich auf meinem Schoß bequem. Dort lag sie – den ganzen Abend, und wehe, Lieschen oder Moritz machten ihr den Platz streitig oder wagten es, sich auch nur in ihre Nähe zu legen. Dann hagelte es Ohrfeigen!
Wie oft habe ich über diese Katze lachen müssen. Zum Beispiel dann, wenn sie in der unmöglichsten Position auf dem Terrassentisch lag oder sich ins kleinste Kartönchen quetschte.
Lili, mein geliebter Liebling, ich vermisse dich unendlich!
Die Geschichte stammt aus meinem Katzenbuch „Auf Samtpfoten direkt in mein Herz“.
Auf Samtpfoten direkt in mein Herz
Berührende Katzengeschichten
92 Seiten, viele Fotos
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